Forschungsprojekte

Das erste Smartphone. Fallrekonstruktionen zu den Leitbildern der familialen Medienerziehung.

Finanziert durch: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 
Antragsteller: PD Dr. Thomas Wenzl
Laufzeit: 01.03.2023 – 28.02.2025

  • Projektbeschreibung

    Im Kontext des Diskurses um eine Verunsicherung der familialen Erziehung in der Spätmoderne wendet sich das Projekt einem Gegenstand zu, in dem sich aktuell zentrale Herausforderungen der familialen Medienerziehung verdichten: dem Smartphone. In einem fallrekonstruktiven Zugriff soll untersucht werden, wie in Familien die durch das erste Smartphone von Kindern hervorgerufenen erzieherischen Unsicherheiten bearbeitet werden. Dabei steht empirisch das Spektrum zwischen permissiven und restriktiven erzieherischen Antworten von Eltern im Zentrum.

    Auf theoretischer Ebene wird in dem Projekt davon ausgegangen, dass das Smartphone die familiale Medienerziehung vor besondere Herausforderungen stellt: So sind Eltern auf der einen Seite im Sinne des Leitbilds einer „verantworteten Elternschaft“ unausweichlich mit der gesellschaftlichen Erwartung konfrontiert, ihre Kinder bei der Entwicklung eines verantwortungsvollen Umgangs mit dem Smartphone zu unterstützen. Auf der anderen Seite stehen ihnen für die Bewältigung dieser Aufgabe keine tradierten, pädagogische Handlungssicherheit spendenden Erziehungsroutinen zur Verfügung. Vielmehr verlangen die Herausforderungen, die das Smartphone als neuer Gegenstand der familialen Erziehung mit sich bringt, dass Eltern eine Haltung zur Smartphonenutzung ihrer Kinder erst entwickeln müssen: Auf eine Vielzahl an Fragen – etwa ab welchem Alter sie ihren Kindern ein eigenes Smartphone zugestehen wollen, zu welchen Online-Inhalten ihre Kinder Zugang haben dürfen, in welchem zeitlichen Umfang ihre Kinder ihr Smartphone nutzen dürfen etc. – müssen sie Antworten finden, die ihrem persönlichen Empfinden von einer angemessenen Medienerziehung entsprechen.

    Diese Situation eines erzieherischen Entscheidungszwangs unter der Bedingung einer großen Unsicherheit untersucht das Projekt auf zwei Ebenen, die zueinander in Beziehung gesetzt werden: Auf einer ersten Ebene werden die heterogenen Praxisformen der familialen Medienerziehung und ihre pädagogischen Begründungen in den Blick genommen. Hier stehen also die expliziten medienerzieherischen Selbstverständnisse von Eltern im Vordergrund. Diesen werden auf einer zweiten Ebene die vorreflexiven „Leitbilder“ von Eltern von einem „guten“ und „normalen“ Familienleben gegenübergestellt. Diese affektiv aufgeladenen „Familienleitbilder“, so eine grundlegende theoretische Annahme des Projekts, determinieren auf der Ebene des Latenten welche medienerzieherischen Entscheidungen Eltern als angemessen empfinden. Sie sind es letztlich, die maßgeblich entscheidend dafür sind, ob Eltern eher für pädagogische Argumente empfänglich sind, die für eine permissive Medienerziehung sprechen, oder ob ihnen eher Argumente einleuchten, die eine restriktive Medienerziehung nahelegen.

    Durch seinen empirischen Zugriff möchte das Projekt die heterogenen Normalitätskonstruktionen von Familie freilegen, die unterhalb der Ebene der medienpädagogischen Begründungen der familialen Medienerziehung ihre Gestalt geben.